Körperformen
Ich wünsche mir, dass alle Körper willkommen sind
Mehr Vielfalt in den Kindermedien, das fordert die Körperformaktivistin Melodie Michelberger. Diversität sei bei Angeboten wie KiKA noch bedeutender als bei Medien für Erwachsene. Im jungen Alter „fängt es an, dass wir bewusst und unbewusst Bilder sehen und unsere Sehgewohnheiten schärfen.“
Vorurteile und Stigmatisierung in Kindermedien vorbeugen
Melodie Michelberger fordert ein radikales Umdenken. „Wir müssen uns alle viel mehr mit den festgefahrenen Denkmustern und dem Ursprung des Schönheitsideals beschäftigen“, appelliert sie insbesondere an die Adresse der Medienmacher*innen. In Filmen und Serien wünscht sie sich junge, dicke Held*innen, die nicht mit den üblichen Stereotypen faul, lustig oder einsam besetzt sind. Warum nicht auch mal im Genre der Pferdefilme, die in der Regel sehr klischeebesetzt daherkommen, etwas Neues versuchen? „Also, wenn da unterschiedliche Körper gezeigt werden – wie toll wäre das?“, fragt Michelberger, die selber als Kind immer dachte, sie sei zu dick.
Die Medien für Kinder haben aus ihrer Sicht eine Schlüsselrolle. Denn bereits im jungen Alter „fängt es an, dass wir bewusst und unbewusst Bilder sehen und unsere Sehgewohnheiten prägen.“ Die Gefahr, dass Eltern dicke Filmheld*innen als sehr schlechtes Vorbild erachten könnten, lässt Melodie Michelberger nicht gelten. Denn „das spiegelt ja genau diese Vorurteile und Stigmatisierung der Menschen wider, die nicht den gängigen Schönheitsidealen entsprechen. Es gibt eben einfach dicke Kinder! Und in dem Moment, wo man dieses Kind als falsches Vorbild bezeichnet, schwingt mit, dass es etwas falsch gemacht hat.“
„Ich hoffe, dass sich Drehbuchautor*innen oder Regisseur*innen in Zukunft mehr diesem Thema widmen. Dass das, was wir in der Realität sehen, auf der Straße, in der Stadt oder am Bahnhof endlich in Filmen und Serien zu sehen ist.“
Gerade deshalb müssten die Medien diese Kinder wertfrei zeigen, weil es sie gibt und weil sie vor dem Bildschirm sitzen und weil die Botschaft nicht heißt: „Werdet alle dick!“, denn vielmehr gehe es darum, bestehende Vorurteile wie „du bist halt einfach faul und liegst den ganzen Tag nur rum, deshalb bist du dick“ nicht länger zu bedienen. Es ärgert sie, wenn dicke Kinder immer wieder gefragt werden, ob sie krank seien. Im Umkehrschluss hieße das, dass alle schlanken Kinder automatisch gesund seien. „Als ich magersüchtig war, hatte niemand Sorgen um meine Gesundheit“, erinnert sich Melodie Michelberger an ihre eigene Jugend.
Sender und Streaming-Anbieter müssen sich endlich trauen
Was ihre Arbeit als Aktivistin für Body-Positivity betrifft, so ist Melodie Michelberger vorsichtig optimistisch. Es gäbe zwar immer wieder Anfragen von Regisseur*innen und Drehbuchautor*innen, die neue Formate entwickeln. Doch habe sie manchmal das Gefühl, es gehe einen Schritt voran und dann aber wieder drei zurück. Zum Beispiel, wenn Magazine sich nicht trauen, in Modestrecken einfach auch dickere Menschen zu zeigen, statt immer nur ein Sonderthema daraus zu machen. Wenn große Sender oder große Streaming-Anbieter sich nicht trauen, unterschiedliche Körperformen zu zeigen und Held*innen oder Antiheld*innen auch mal dick zu besetzen, dann wird es 100 Jahre oder noch länger dauern, bis sich was ändert, glaubt sie. Aber nicht nur die Medien sind gefragt. „Es liegt an uns allen, darauf zu achten, dass alle Körper willkommen sind.“