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Transkript zu Episode 3: „Märchen behandeln allgemeingültige und zeitlose Themen“ mit Stefan Pfäffle

KiKA-Redakteur Stefan Pfäffle im Gespräch mit Inka Kiwit zum Stellenwert von Märchen bei KiKA, über die Faszination, die von dem Genre ausgeht, und die Frage, ob Märchen überhaupt noch zeitgemäß sind.

Inka Kiwit: Aus der KiKA-Werkstatt - ein großes Hallo und Herzlich Willkommen. Bei „Triff KiKA – Werkstattgespräche“ hören Sie Menschen, die die Angebote bei KiKA gestalten und dafür verantwortlich sind. Ich bin Inka Kiwit, Redakteurin und Podcast-Moderatorin bei KiKA. Schön, dass sie zuhören. Diese Folge, das kann ich jetzt schon mal verraten, wird magisch. Es geht nämlich um Märchen. Und die faszinieren uns ja alle schon seit Jahrhunderten. Und auch KiKA räumt Märchen schon lange einen sehr hohen Stellenwert in den Angeboten ein. Und zwar schon so lange, dass seit dem Sendestart 1997 es ein festen Sendeplatz gibt, das Sonntagsmärchen um 12 Uhr. Auch non-linear sind Märchen, eine bedeutende Säule bei uns. Warum ist das so? Und warum faszinieren Märchen alle Generationen durch die Bank weg? Und natürlich möchte ich noch wissen - sind Märchen überhaupt noch zeitgemäß? Antworten und Impulse für sie aus erster Hand hat Stefan Pfäffle, Leiter der Redaktion Fiktion. Und auch ein weiterer Gast kommt zu Wort. Filip Albrecht, der Leiter des fabulix Märchenfilm-Festival. Rein ins KiKA Werkstattgespräch.

Inka Kiwit: Hallo Stefan. Schön, dass du da bist.

Stefan Pfäffle: Hi Inka. Super, dass du mich eingeladen hast. Vielen Dank.

Inka Kiwit: Stefan ich muss in dieser Folge einfach mit der Frage beginnen - was ist denn dein absolutes Lieblingsmärchen?

Stefan Pfäffle: Es ist das Märchen vom Hasen und dem Igel. Ich habe mir das ausgewählt, weil das echt auf so eine lustige Art und Weise erzählt, wenn man mit guten Einfällen, witzigen Ideen auch zum Ziel gelangen kann, wenn man eigentlich der Unterlegene ist. Weil eigentlich hat ja der Igel beim Wettlauf gegen den Hasen keine Chance. Es gibt ja auch, muss man natürlich zugeben, so einen Aspekt des Betruges. Den will ich da mal jetzt irgendwie außer Acht lassen. Und auch ein paar überkommene Rollenklischees will ich aber außer Acht lassen, der im originalen Märchen drin sind. Ich darf mal kurz aus dem Märchen zitieren, wie der Igel mit seiner Frau spricht, als es sie dazu kriegen will, bei diesem Projekt mitzumachen und sie so ein paar Einwände hat. Da sagt er einfach: „Halts Maul Weib. Das ist meine Sache. Misch dich nicht in Männergeschäfte. Marsch, zieh dich an. Und komm mit.“

Inka Kiwit: Ja gut, dass wir nachher noch über veraltete Rollenklischees sprechen, wenn ich da diesem unverschämten Igel so zuhöre. Stefan, ich bleibe noch ganz kurz allgemein bei Märchen. Mit deinem Expertenblick. Was macht denn den Reiz von Märchen aus für uns alle?

Stefan Pfäffle: Dein Satz „Für uns alle“ stellt ja irgendwie den zentralen Punkt schon heraus. Die Märchen wenden sich nämlich nicht nur an Kinder, wie viele immer denken, sondern auch an Erwachsene. Das sieht man ganz deutlich, wenn man den Märchenfilm-Platz beim KiKA beobachtet. Der ist sonntags um 12 Uhr, da schauen regelmäßig ganze Familien, also auch Erwachsene, das Märchen. Oder sie gucken es sich online später noch an. Ansonsten, was macht den Reiz aus? Diese Geschichten, diese Märchengeschichten sind dramaturgisch einfach gebaut, leicht verständlich. Gerade das Volksmärchen, das so von alten überlieferten Erzählungen herkommt und nicht wie das Kunstmärchen von Autoren geschrieben wurde, behandelt so allgemeingültige und zeitlose Themen. Wie zum Beispiel Suche nach Identität, Streben nach Glück. Und das interessiert die Leute natürlich sehr. Übrigens gerade das Letztere - das Streben nach Glück - das gelingt eigentlich immer. Wir kennen alle die Märchen, wo jemand, der Arm und benachteiligt ist, auszieht, um eben das Glück zu suchen. Und am Ende ist er reich oder bekommt ein Königreich. Ein Mädchen geht zuverlässig in Erfüllung. Was sich viele beim wöchentlichen Lottospiel erhoffen. Sie spenden also auch Hoffnung und Trost.

Inka Kiwit: Ja.

Stefan Pfäffle: Und was man gerade bei Erwachsenen glaube ich nicht außer Acht lassen darf, ist der Aspekt der Nostalgie. Spielt eine große Rolle, ja, wenn die Erwachsenen ein Kindermärchen hören, erinnern Sie sich an früher. An ihre eigene Kindheit, an die Vorlesezeit oder auch an so ein Gefühl der Geborgenheit. Und deshalb ist es irgendwie für alle gut geeignet. Ja und dann gibt es noch einen anderen Gesichtspunkt, den ich für sehr wichtig halte. Eigentlich ist das Märchen ja ein literarisches Genre, wird gelesen oder wird vor allem vorgelesen. In der filmischen Umsetzung aber es ist sehr offen für andere Genres und kann und wird in diesen dann auch erzählt. Da gibt es eine große Bandbreite. Reicht von lustigen Comedy, wie zum Beispiel bei „Shrek“, denn wir alle kennen. Bis zu einer eher herausfordernden und oft auch bedrohlichen Fantasy-Geschichte, wie vielleicht bei „Harry Potter“ oder dem „Herr der Ringe“. Und dadurch wird das filmische Märchen eben auch sehr attraktiv für eine wirklich breite Zuschauerschaft.

Inka Kiwit: Und ich meine gerade für Kinder können ja Märchen noch viel mehr sein. Vor ziemlich langer Zeit hat der Erziehungswissenschaftler Bruno Bettelheim in seinem Buch mit dem Titel „Kinder brauchen Märchen“ gesagt, das Märchen wichtige Lehrmeister für Kinder seien. 50 Jahre ist das her. Gehst du da mit Stefan? Brauchen Kinder Märchen?

Stefan Pfäffle: Ja, ich finde ja klar, brauchen die Märchen. Aber so, wie sie andere Geschichten auch brauchen. Der war der Bettelheim damals ein bisschen ausschließend unterwegs und hat anderen Kindergeschichten schlichtweg die Relevanz abgesprochen. Also so weit würde ich da nicht gehen. Es gibt durchaus auch noch andere relevante literarische Genres für die Kinder. Das kommt aber bestimmt bei ihm daher, dass zur Zeit der Entstehung seines Buches, Märchen für viele Pädagogen als überkommen, viel zu brutal und gewaltvoll für Kinder galten. Und da ist er eben reingegrätscht mit seinem psychoanalytischen Ansatz, der sich wirklich sehr stark an Freud orientiert. Und da räumt er zwar ein, dass viele Märchen ungeschönt von archaischen Konflikten erzählen, gewalttätigen Fantasien von Furcht, von Angst, von Erniedrigung, von Trennungsangst. Würden genau diese grausamen Geschichten eine Art Lebenshilfe für die Kinder darstellen, weil sie Schwierigkeiten beim Heranwachsen thematisieren. Und Schwierigkeiten thematisieren, die in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielen und so die Hoffnung auf eine bessere Zukunft und auf einen glücklichen Ausgang betonen. Möchte ich mal hinzufügen. Es gibt ja in der Literatur ein paar Märchen, die auch nicht so gut ausgehen. Aber besonders trifft der glückliche Ausgang natürlich auf unsere KiKA-Filmmärchen zu, die gehen nämlich immer gut aus.

Inka Kiwit: Das klassische Happy End, das stimmt. Auch wenn sich gerade über Themen wie Trennungsangst und die vorhin schon angesprochenen veralteten Rollenklischees immer noch streiten lässt, finde ich. Lass uns mal über die veralteten Rollenbilder und Klischees sprechen. Das hilflose Aschenputtel, das wunderschöne Schneewittchen - die beide natürlich nur von einem Mann gerettet werden. Die böse Stiefmutter, die fast in jedem Märchen die Inkarnation des Bösen ist. Stefan, wie passt denn das alles zum jetzt? Sind Märchen noch eine zeitgemäße Erzählform?

Stefan Pfäffle: Ja, das sind sie. Wir versuchen das auch immer wieder mit neuen Märchen, die wir erzählen. Aber stimmt schon, bei gerade traditionell, eher traditionell erzählten Märchen läuft man so ein bisschen Gefahr in solche Fallen zu tappen und veraltete Rollenbilder und Klischees weiterzugeben. Ich würde da ein Beispiel irgendwie anführen. Wir haben gerade ein ganz neues Märchen mit unseren Koproduktionspartnern von Česká televize, dem tschechischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gedreht. „Krakonos Geheimnis“ heißt der Film, und da passiert es, dass eine junge Frau aus dem Dorf – Liduška - freiwillig den Haushalt des Waldgeistes Krakonos führt. Er heißt übrigens bei uns im Deutschen Rübezahl.

Inka Kiwit: Ja.

Stefan Pfäffle: Im Tausch gegen den Schutz ihres Schwarms Adam, der von Krakonos bedroht wird. Dieses Mädchen, das da dem etwas älteren Mann schon den Haushalt führt, wirkt natürlich schon auf den ersten Blick sehr traditionell und wie ein veraltetes Rollenmodell. Wir dürfen aber nicht außer Acht lassen, dass diese Handlung Liduška freiwillig erfolgt und aus Liebe und ferner strategisch erbracht wird. Damit sie nämlich am Schluss ihren Adam bekommt. Und das relativiert das Bild des Hausmädchens wieder ein gutes Stück und am Ende finden sich auch genau die richtigen und kommen zusammen.

Inka Kiwit: Okay, ja.

Stefan Pfäffle: Generell ist das Märchen offen, zeitgemäße Interpretation und Rollendarstellung. Dann möchte ich auf die Märchen auch gerne verweisen, die wir von den Kolleginnen und Kollegen von ARD und ZDF bekommen. Die übrigens den Großteil unserer aktuellen Märchenproduktion von KiKA beisteuern. Die gehen da mit vielen guten Beispielen voran.

Inka Kiwit: Stefan, ich habe im Vorfeld mit dem Leiter des einzigartigen Märchenfilm-Festival fabulix, der sich natürlich wie du bestens mit Märchen auskennt. Filip Albrecht hat mir erzählt, worüber und worauf er sich gerade besonders freut, wenn es um Märchenfilme geht.

Filip Albrecht: Was mich an den aktuellen Märchen unglaublich fasziniert, dass es neue Autoren gibt, neue Menschen gibt, die inzwischen sogar neue Märchenfilme schreiben. Das gibt es vor allem in Tschechien. Und es gibt es auch jetzt verstärkt in der Zusammenarbeit mit den deutschen Partnern, natürlich mit dem Kinderkanal, der ebenfalls, dass er federführend ist. Dass man nach neuem Märchenfilmen, Märchenfilmstoffen sucht. Und dass man tatsächlich nicht nur auf die wunderschönen, alten, traditionsreichen Märchen bei den Verfilmungen zurückgreift. Sondern dass man verstärkt - und das wird in der Zukunft noch verstärkter der Fall sein - nach neuen spannenden, zeitgemäßen und dennoch sehr traditionsreichen Märchenstoffen sucht.

Inka Kiwit: Da würde ich natürlich an der Stelle direkt mit dir gerne über diese modernen Märchen sprechen. Also Märchen neu interpretiert und umgesetzt. Was macht denn ein modernes Märchen aus? Vielleicht kannst du sogar ein Beispiel bei KiKA nennen, damit wir uns das besser vorstellen können - von einem modernen Märchen.

Stefan Pfäffle: Ja wie schon erwähnt, wir produzieren seit einigen Jahren gemeinsam mit Česká televize und dem slowakischen Fernsehen ein Märchenfilm im Jahr. Und jedes Märchen, bis auf eines, ist eine neue Entwicklung und Originalstoff, der vielleicht dann bekannte Themen und Motive aus alten Märchen aufgreift, aber im Grunde genommen eine neue Geschichte erzählt. Nun bleiben wir mal bei dem Thema Rollenmodelle. Da möchte ich auf eine Koproduktion eingehen. Das Märchen „Wie man keine Prinzessin heiratet“, wo ich denke.

Inka Kiwit: Ein schönes Beispiel.

Stefan Pfäffle: Ja, da denke ich, kriegt man eher eine zeitgemäße Rollendarstellung zu sehen. Die Geschichte ist so: Zwei Königspaare - das eine Paar hat einen kleinen Prinzen, das andere eine kleine Prinzessin - versprechen die Kinder einander. Die sollen sich heiraten, wenn sie groß sind. Die beiden merken aber recht schnell, dass sie überhaupt keinen Bock aufeinander haben. Und alles wollen außer heiraten. Und sie bekommen die Möglichkeit, eine Zeitreise zu machen, um dann in der Vergangenheit diese Weissagung, dass sie sich mal später heiraten werden, ungeschehen zu machen. Was passiert bei diesem Abenteuer, bei dieser Zeitreise, die sie da gemeinsam erleben? Alles kommt in Unordnung. Nichts stimmt mehr. Die ganze Welt gerät aus den Fugen und sie müssen nun gemeinsam alles wieder in Ordnung bringen. Und man glaubt es kaum. Während dieser Abenteuerreise, lernen die beiden sich dann natürlich - Wer hätte es gedacht? - doch schätzen und lieben. Und am Ende kriegen sie sich. Und was ich daran jetzt zeitgemäß finde, ist das eben die Vorgabe der Eltern, irgendwelcher gesellschaftlichen Normen und so da keine Rolle spielen. Sondern das wirklich die freie Entscheidung, auf Augenhöhe, gleichberechtigt der beiden Protagonisten ist. Prinz und Prinzessin, sich füreinander zu entscheiden. Und dann ja klar, dann kriegen Sie sich, wie das im Märchen eben so ist.

Inka Kiwit: Ich meine, vor allem die die Prinzessin. Du hast gerade eben schon gesagt, die hat ja wirklich ihren eigenen Kopf und entspricht so gar nicht der Vorstellung von einer Prinzessin, von einem Dornröschen oder so.

Stefan Pfäffle: Ne, gar nicht. Die hat ihren eigenen Kopf, die ist auch körperlich geschickt, kann gut klettern, rennen, reiten. Das ist eine moderne Frau.

Inka Kiwit: Hast du noch andere Beispiele für uns? Nicht in der Ausführlichkeit, aber gibt es noch anderes, wenn wir über moderne Märchen sprechen?

Stefan Pfäffle: Ja, mir fällt eines ein, das kommt vom ZDF, das ist das „Zitterinchen“. Da wird das Thema Body Positivity aufgegriffen, weil das Zitterinchen eben eine leicht korpulente Person ist. Dann gibt es noch, fällt mir gerade ein, ist auch vom ZDF „Rübezahls Schatz“ mit einem Waldgeist. Rübezahl, ganz zart, friedlich gebaut, hat oft so ein weißes Gewand an, wirkt so durchscheinend, ätherisch wie so ein Luftgeist. Und da kommen wir ein bisschen weg von diesen üblichen martialischen, männlichen Figuren und haben ein ganz anderes Männerbild dargestellt.

Inka Kiwit: Okay, also moderne Märchen brechen bewusst mit traditionellen Rollenklischees. Würdest du denn sagen – können Märchengeschichten sogar zu einer, wie soll ich sagen, Identitätsfindung beitragen? Vor allem die modernen Märchen?

Stefan Pfäffle: Also ich finde ja, dass Geschichten, gute Geschichten das generell tun. Und insofern tut es natürlich auch das Märchen. Und ja es trägt zur Identitätsfindung bei. Diese Märchen addieren Werte, soziale Normen, erzählen über Gemeinschaft. Aber auch über Voraussetzung für das Gelingen des persönlichen Lebens. Und in der Auseinandersetzung mit Inhalten von Märchen kann man sich in all diese Fragenstellungen schon mal einüben und so durchaus mithilfe der alten Erzählungen Identität entwickeln. Auch noch ein kleiner Tipp nebenbei, an zuschauende Eltern, es ist wirklich schön und hilfreich, wenn die mit ihren Kindern gemeinsam diesen Märchen angucken und Hilfestellung dann ihren Kindern zukommen lassen. Wenn die Märchen angucken und Fragen dazu haben, gibt es ja doch schon immer wieder Momente, die vielleicht auch bei Kindern Irritation und Befremden auslösen. Und da ist es schön, wenn erwachsene Bezugspersonen helfen können.

Inka Kiwit: Total. Also das ist bei uns zu Hause auch gar nicht anders möglich. Da kommen immer viele Fragen danach. Ganz bestimmt. Und Stefan, wie sieht denn das Märchen auf internationaler Ebene aus? Märchen können ja über kulturelle Grenzen hinweg Verbindungen schaffen, durch die immer ähnlichen Motive und Strukturen. Märchen sind ja schon ein weltweites Phänomen.

Stefan Pfäffle: Ja, allerdings. Also die älteste Überlieferung, die ich kenne, sind tatsächlich die Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Und die frühesten europäischen Sammlungen aus Italien und Frankreich stammen aus dem 16. Jahrhundert. Und die bei uns sicherlich bekannteste Märchensammlung und Überarbeitung übrigens sind sicherlich die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm aus einem 19. Jahrhundert. Also das zusammen ergibt so einen weltumspannenden Fundus gemeinsamer Märchen mit ähnlichen Themen und Motiven, die insgesamt so global betrachtet, auch für Vielfalt, gegenseitiges Verständnis und gemeinsam mit Traditionen stehen.

Inka Kiwit: Du hast jetzt eben schon Tradition mehrfach angesprochen. Und ich glaube, gerade bei verfilmten Märchen, denken viele Menschen bestimmt auch gleich an tschechische Märchen. Und auch das hast du vorhin schon anklingen lassen. Da sind ja in der Zusammenarbeit zwischen KiKA und den Kolleginnen und Kollegen aus Tschechien und der Slowakei schon sehr viele Koproduktionen entstanden.

Stefan Pfäffle: Ja, seit vielen Jahren machen wir einmal im Jahr eine Koproduktion, ein Märchen. Jetzt haben Märchen in Tschechien wirklich eine lange Tradition, ähnlich wie bei uns auch und werden vom dortigen Publikum hoch geschätzt. Ich hatte vorhin schon mal den KiKA-Märchenfilmplatz im linearen TV um 12 Uhr sonntags anklingen lassen. Dieses eine Märchen, dass wir mit den Tschechen einmal im Jahr produzieren, das ist wirklich unvorstellbar, wäre bei uns nicht so. Das wird jedes Jahr in Tschechien am Heiligabend zur besten Sendezeit gezeigt und hat da die TV-Premiere, die natürlich riesig ist.

Inka Kiwit: Das heißt, die Familien sitzen wirklich am Heiligabend als Highlight vor dem Fernseher und sich das neu produzierte Märchen an?

Stefan Pfäffle: Ja. Das ist irre, ne? 20 Uhr, glaube ich. Ich weiß nicht. 20:15 haben die glaube ich nicht, da ist es 20 Uhr. Da sitzen sie da und gucken das Märchen. Ja und da gibt es dann auch später auf Social Media viele Kommentare, Diskussionen, Austausch darüber. Es ist wirklich ein gesellschaftliches Ereignis.

Inka Kiwit: Also ich meine, Tschechien ist einfach bekannt für seine Märchen und Sagen. Dem stimmt auch Filip Albrecht, der Festivalleiter von fabulix zu und er hebt natürlich einen Film, den wir glaube ich alle kennen, hervor. Filip Albrecht nochmal:

Filip Albrecht: Es ist bis heute so. Bis heute ist Tschechien ein ganz wichtiges Land oder vielleicht das bedeutendste Produktionsland von Märchenfilmen in Europa. Und daher auch der große Bezug der deutschen Zuschauer, was die tschechischen Märchenfilme anbelangt. Sicherlich natürlich vor allem herrührend durch die legendäre Koproduktion zwischen DEFA und Barrandov „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“.

Inka Kiwit: Siehst du das auch so Stefan?

Stefan Pfäffle: Ja. Also der Film ist bei KiKA wirklich nicht mehr wegzudenken.

Inka Kiwit: Ja.

Stefan Pfäffle: Aber wir freuen uns jedes Jahr erneut, wenn wir von der ARD dann das go bekommen, ihn bei uns einzusetzen. Im linearen TV, aber auch online. Weil man darf ja nicht vergessen, dass er auch in der ARD und in einigen dritten Programmen traditionell fest verankert ist. Und wir müssen immer gut koordinieren, wo und wann der Film ausgestrahlt oder online angeboten wird, damit am Ende alle zufrieden sind. Ich war dieses Jahr übrigens auch bei fabulix, beim Märchenfilm-Festival, dass du jetzt schon ein paar Mal erwähnt hast. Und lass mich kurz erzählen. Da hat in diesem Jahr Pavel Trávníček den Preis für sein Lebenswerk bekommen, das ist der Darsteller des Prinzen bei „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“.

Inka Kiwit: Ah. Hat er zurecht bekommen, finde ich.

Stefan Pfäffle: Hat er zurecht bekommen. Finde ich auch.

Inka Kiwit: Haben wir denn irgendetwas Stefan, auf das wir uns vielleicht dieses Jahr noch freuen können bei KiKA? Kannst du schon was verraten?

Stefan Pfäffle: Na viel darf ich nicht verraten, weil das Geheimnis wird ja erst gelüftet, wenn in Tschechien an Heiligabend das Märchen läuft. Danach läuft es auf jeden Fall erst bei uns. Also das in diesem Jahr gedrehte Märchen ist im Moment noch in der Postproduktion. Und ein weiteres, das wir 2024 machen wollen, ist noch in der Bucharbeit. Da sitzen wir noch dran.

Inka Kiwit: Wie gut, dass wir so viele großartige Märchen online bei uns zur Verfügung stehen haben. Stefan, ich habe es zu Beginn schon anmoderiert und würde gerne dazu mit dir abschließen. KiKA räumt Märchen in den Angeboten einen sehr hohen Stellenwert ein. Warum werden Märchen nach wie vor ein wichtiger Bestandteil unserer Angebote bleiben?

Stefan Pfäffle: Also die die verschiedenen inhaltlichen Gründe haben wir ja schon beleuchtet. Wichtiger Gesichtspunkt ist aber wirklich der Erfolg beim Publikum. Als ich vor vielen Jahren beim KiKA angefangen habe, habe ich mich sehr gewundert über den Sendeplatz des Märchens - 12 Uhr am Sonntag. Ich dachte Mensch, da sitzen die Leute alle beim Mittagessen. Das Gegenteil ist der Fall. In Wahrheit sitzen sie warum Fernseher und schauen das Märchen. Sie essen davor, danach oder, was ich gar nicht so gut finde, währenddessen. Und mittlerweile gehören die Märchen auch zu den Top 10 in unseren Online-Angeboten. Also es spricht alles dafür, Märchen weiterhin als festen Bestandteil im KiKA-Programm zu halten. Und ich hoffe sehr, dass dies mit weiteren Produktionen von ARD und das ZDF. Und auch mit unseren eigenen Märchen gelingt, die wir mit Česká televize und dem slowakischen Fernsehen machen.

Inka Kiwit: Sagt Stefan Pfäffle, Leiter der Redaktion Fiktion bei KiKA. Ganz lieben Dank für dieses Werkstattgespräch Stefan.

Stefan Pfäffle: Ich danke dir Inka.

Inka Kiwit: Mit einem Mix aus klassischen Stoffen und Neuinterpretation von Märchen bei KiKA werden also zeitlose Werte wie Freundschaft, Gerechtigkeit und Mut vermittelt. Kulturelle Vielfalt wird gefördert und Unterstützung geboten, die eigene Identität zu entdecken. Und klar, wir haben es eben gehört. Märchen haben einen festen Platz im Medienalltag von Familien. Und genau aus diesen eben genannten Gründen räumen wir den Märchen bei KiKA so viel Raum ein. Jetzt freue ich mich natürlich schon auf das nächste Sonntagsmärchen und natürlich auf die nächsten Folgen von „Triff KiKA – Werkstattgespräche“. Da sprechen wir unter anderem über die enorm wichtige Rolle von Medienkompetenz. Und über das ebenso wichtige Thema Diversität bei KiKA. Falls sie nicht gerade schon da sind, finden Sie diesen Podcast auch in der ARD Audiothek und natürlich überall dort, wo Podcast zu hören gibt. Und wenn Sie Fragen, Feedback oder Anmerkungen haben, freuen wir uns sehr. Gerne als Kommentar direkt unter unserem Podcast oder auch eine Nachricht über den Kontakt-Button auf unserem KiKA-Kommunikationsportal. Da finden Sie übrigens auch die Transkripte der Folgen zum Nachlesen unter kommunikation.kika.de. Also bis zum nächsten Mal. Machen Sie es gut.